Frankreich-Belgien-Niederlande F-B-N 2002

Vorgeschichte: In unseren Sommerferien 2000 kam ich auf die Idee, von Frankreich, am Strand der belgischen Küste entlang nach den Niederlanden zu laufen (ca. 90 Km). Der erste Plan war umgekehrt, aber ich wurde freundlicherweise darauf aufmerksam gemacht, dass es an der Nordseeküste meistens Südwest-Wind gibt und dass die Sonne im Westen untergeht. Dies würde dazu führen, dass man Sonne und Wind im Gesicht hat. Im September 2000 war ich im Rahmen des "In Flandern Fields Maraton" in Nieuwpoort an der belgischen Küste. Weil wir 2002 wieder in den Niederlanden in den Ferien waren bekam der Plan ein neues Leben.

Ausschreibung: Weil es vielleicht weitere Interessenten geben könnte, habe ich den Event auf unseren Internetpage ordnungsgemäss ausgeschrieben und einige meiner Läuferbrüder (bekannt und unbekannt) auf das Vorhaben aufmerksam gemacht. Zu meiner Ueberraschung wurde mein Plan sogar auf UltraNed publik gemacht (Dank J.-P. Praet, einem bekannten belgischen Langstreckenläufer). Nun, offensichtlich war die ganze Sache zu suspekt oder in die falschen Sprache, es meldete sich kein weiterer Teilnehmer! Nun dann halt, wie ursprünglich vorgesehen, alleine!

Vorbereitungen: In den Wochen vorher (während einem Geschäftsaufenthalt in Indien) hatte ich gut trainiert: während 3 Wochen fast jeden zweiten Tag einen Halbmarathon und dazwischen 10Km. Anschliessend 1-2 Wochen Ruhe. Die Woche vor dem grossen Lauf hatte ich (aus Plausch) ein Liegevelo gemietet und damit in unseren Ferien einige Kilometer gemacht, gelaufen habe ich nicht mehr viel,

Am 19. sind wir, Karola, Lea und ich, bereits an die belgische Küste gereist. Wir besuchten verschiedene neuralgische Stellen, namentlich dort wo es, gemäss unsere Karte, am Strand keine Durchgangsmöglichkeiten gibt (u.A: Nieuwpoort, Ostende und Zeebrugge). Wir besuchten weiter den Start (Bray-Dunes) und das Ziel (Catzand-Bad). So gut es ging, suchten wir nach alternativen Routen. Wir übernachteten in Nieuwpoort-Bad, ca. 20 Km vom Startpunkt.

Am 20. gingen wir, trotz der Tatsache, dass es keine Anmeldungen gegeben hat, an die Endstation des Küstentramms (De Panne - Station) um sicher zu sein, dass es keine "Spontan-Teilnehmer" gab. Leider kam niemand und wir gingen zum Start.

Der besten Weg zu Fuss ist ab der Tramstation "Moeder Lambik". Ein Wassergewinnungs- bzw. Naturschutzgebiet ("Westhoek") trennt die Strasse vom Strand. Durch ein schmales Weglein rechts neben der Pumpstation an der anderen Strassenseite erreicht man das "Innere" des Schutzgebietes. Dort kam man dann über eine lange Asphaltstrasse an die belgisch-französiche Grenze die wie ein niedergetretener Drahtzaum aussieht. Noch ein Paar Dunen-Pfade und man kommt an den Strand. Dort sollte man zurücklaufen zu den ersten Appartementgebäude am französischen Strand. Eines dieser Häuser heisst bezeichnenderweise "La France". Das Ganze ist sicher 3-5 Km. Bequemer ist es mit dem Auto das Naturgebiet zu umfahren und über die Duchgangsstrasse in Bray-Dunes Zentrum (nach der ersten Verkehrsampel auf französichem Boden) zum Ende der Strandpromenade zu fahren. Beim nächsten Mal werde ich einen Camping, dessen Einfahrt an der Vebindungsstrasse De Panne - Bray-Dunes (beim Eisenbahnübergang) genau auf der Grenze liegt um "Durchlauf erlaubnis" zum Strand bitten.

Der Lauf

Der Start in Bray-Dunes war pünklich am 08:30 Uhr bei schönes Wetter, Sonne und ein leichter Nordwind. Ich blieb schön an der Wassergrenze da der Sand dort fest ist. Es gab sehr wenig Leute auf dem Strand und die Umgebung war wunderschön, ein verlassener Strand in der Morgensonne hat einen ganz eigenen Reiz. Der erste Verpflegungspunkt hatten wir in Nieuwpoort-Bad vereinbart, ca. 15 Km vom Start. Alles verlief plangemäss und in einem schönen Tempo.

Die erste Knacknuss kam in Nieuwpoort. Dieser Ort hat einen Hafen der ca. 5 Km. ins Landesinnere reicht. Ich zweifelte noch ob ich das kleine Fährboot zum andere Seite nehmen würde, beschloss jedoch spontan, dass ich die ganze Strecke laufend zurücklegen möchte. Was ich nicht wusste war, dass es an der anderen Seite, nebst einem Hafengebiet für Kies und Sand, ein riesiges militärisches Sperrgebiet (mit Kanal) gab, dass ich unter Benützung der Hauptstrasse umgehen musste (ca. 4-5 Km.). Der "Portier" der Camping "Lombardseide" an der Hauptstrasse war so freundlich und erlaubte mir den Durchgang zum Strand. Ab dort ging es ohne Probleme Richting Oostende.

Der zweite Verplegungspunkt war in Mariakerke, kurz vor Oostende. Im Zentrum von Oostende gab es wieder einen Umweg, diesmal um den Hafen (für die grossen Fährschiffe nach England) und um den (sehr schönen) Bahnhof samt Gleisanlage. Beim Bahnhof war ich zuerst nicht sicher was der beste Weg war, ich folgte dann rechts vom Bahnhof, über das Stations-Areal der Tram- und Bus-Linien, so gut wie möglich dem Gleis der Küstenlinie. Nachdem man das Zentrum durch einen kleinen Tunnel und darauf folgenden Kreisel verlassen hat folgt man einer Asphalt-Strasse den Bahngeleisen entlang die nach ca. 1-2 Km durch einen Velotunnel nach links unterquert werden konnte. Auf der Haupstrasse können dann mittels einiger Brücken die Hafenausläufer überwunden werden. Nach dem Hafen in der Stadt gibt es noch einen grossen Containerhafen der ebenfalls grossräumig umgangen werden muss.Vor dem Wasserturm gibt es eine Industriestrasse im Richtung Strand die zu einer weiteren Hafen-Ausläufer-Brücke führt. Die Dünen können dann an der anderen Seite des Kanals neben dem Clubhaus der "Königlichen Cadetten" beim Fort Napoleon überquert werden. Somit ist man nach einigen Kilometern wieder auf dem Strand zurück. Uebrigens gibt es an der ganzen belgischen Küste riesige Strecken ohne Promenade und ohne Deich. Ein spezielles Vergnügen sind die Wellenbrecher die alle 500 Meter quer über dem Strand ins Meer ragen. Das Uebersteigen dieser Brecher muss mit Vorsicht passieren da sie durch angewachsenes Seegrass und Algen ziemlich schlüpferig sind!

Der dritte Verpflegungspunkt war in De Haan, ein relativ kleiner Ort. Ich war bereits ziemlich müde und musste regelmässig eine Gehpause einlegen. Karola und Lea waren, mit Liegestuhl und Sonnenschirm, auf dem Strand. Plötzlich kam ein Gewitter auf, die Sonnenschirme wurden blitzartig eingesammelt. Fünfminuten später lief ich in einen Regen- und Hagelsturm weiter. Auf dieses Wetter war ich nicht vorbereitet. Leider versäumte ich es beim Verpflegungspunkt meine Regenjacke mit zu nehmen. Ich hatte es ziemlich kalt und fühlte mich mies! Der Strand war menschenleer, zum Glück kam der Wind (samt Regen und Hagel) von Hinten. Es war also doch gut nach Nord-Osten zu laufen!

Als vierte Stopp hatten wir Blankenbergen vereinbart. Auch dort hat es einen ziemlich grossen Jachthafen, auch hier bleibt einem nicht anderes als umlaufen (und auch hier gab es wieder eine kleine Fähre). Karola und Lea sassen in ein Restaurant an der Promenade am offenen Fenster. Ich hing "an der Bar" und klaute Friten, ein Festmahl! In Blankenbergen bekam ich dann zum Glück meine Regenjacke, Ein Segen im Regen! Bis kurz vor Zeebrugge konnte ich mich dann von den Vorteilen einer guten Regenjacke überzeugen!

Zeebrugge hat zwar einen riesigen Hafen, diese ist jedoch auf eine künstliche Insel gebaut, sodass man nicht zu weit herum muss. Ich war so langsam hundemüde, mittelerweile konnte man bereits mehr über Laufpausen reden, trotz dass ich sehr müde war, versucht ich regelmässig 10 Minuten zu laufen die meiste Zeit marschierte ich jedoch. Da meine Füsse sich durch das Laufen auf dem ungewohnten weichen Untergrund auch ziemlich bemerkbar machten, beschloss ich auf die Promenade zu wechseln.

Der fünften und letzten Stopp war Knokke-Heist. Das Wetter besserte sich und dann und wann zeigte sich die Sonne wieder. Ich traff Karola und Lea auf eine Terasse. Zur Feier des Tages bekam ich einen Kaffee! Nur noch wenige Kilometer zum Ziel. Mittlerweile blieb ich brav auf die Promenade bzw. auf dem Veloweg der auf dieser Strecke durchgehend ist.

Meine letzte Sorge war das Naturgebiet"Het Zwin", ein wunderschöner Bereich hinter den Dünen wobei auf der Karte einen offenen Verbindung zum Meer eingezeichnet ist. Beim Besuch am Vortag hat sich herausgestellt, dass das ganze Gebiet über einen Veloweg umgangen werden kann, einige extra Kilometer. Auf dem Strand sah ich viele Leute und ich beschloss anstelle des Veloweges den Durchgang nach den Niederlanden über dem Strand zu wagen. Es ging, zwar hatte ich nasse Füsse da ich einen untiefen Wassergang durchqueren musste aber ich musste nicht umlaufen. Offensichtlich ist der Strand kein Naturschutzgebiet, es gab viele Leute dort.

Nach einem Durchgang durch die Dünen erreichte ich dann endlich Catzand-Bad, mein Ziel war eine kleine Cefetaria wo wir am 19. etwas getrunken hatten. Ich war froh dort zu sein.

Resultat: Mein Pedometer gab einen Gesamtdistanz von 92.44 Km. an. Da das gleiche Ding mit den gleichen Einstellungen bei einigen Marathons ziemlich präzise war, könnte dies einigermassen stimmen. In Vogelflug ist die Distenz Bray-Dunes - Cadzand-Bad 68 Km., dies ist jedoch ohne Berücksichtigung von Umwegen. Meine Gesamtzeit war 11:52:11 Std., was einen Durchschnitt von 07:43 Min. pro Km. ergibt (Mein Trainingsziel für Strassen-Maratons ist 06:00 Min/Km). Nicht Berücksichtigt sind meine Pausen die gesamthaft ca. eine Stunde gewesen sind (07:04 Min/Km.). Obwohl ich froh war, dass ich das Ganze hinter mir hatte, war ich zufrieden und (ehrlich gesagt) auch ein wenig stolz das ich es geschafft hatte. Karola und Lea möchte ich ganz herzlich danken für den Support!

Eindrücke: Strandläufe haben etwas eigenes, das Meer fasziniert immer wieder und die Luft ist sauber! Die belgische Küstenlinie ist grauenhaft, fast die gesamte Küste ist mit Appartement-Hochhäusern vollgebaut. Als Zeugen eines früheren Bau-Booms gibt es noch viele Kriegs-Bunker, einst Teil des Atlantikwall. Obwohl es viele Strandgäste gibt, wirkt der Strand nicht überfüllt, es ist wirklich Gut zum laufen. Auch die Herausforderung, mit einem klaren Start und Ziel und überschaubarem Aufwand, ist ausgezeichnet. Ich kann mir durchaus vorstellen das ganze nochmals zu machen.

 
 
 
 
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